Reuters

US-Wirtschaft kühlt spürbar ab - "Wachstumsdynamik lässt nach"

25.04.2024
um 16:17 Uhr

- von Lucia Mutikani

Washington/Berlin (Reuters) - Angesichts der anhaltenden Hochzinspolitik der Notenbank verliert die US-Wirtschaft überraschend viel Schwung.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im ersten Quartal auf das Jahr hochgerechnet nur noch um 1,6 Prozent zu, wie das US-Handelsministerium am Donnerstag auf Basis einer ersten Schätzung mitteilte. Damit kühlt der Wachstumsmotor stärker ab als von Experten erwartet, die mit 2,4 Prozent gerechnet hatten. Im vierten Quartal des vorigen Jahres hatte es noch zu einem Zuwachs von annualisiert 3,4 Prozent gereicht.

"Die US-Wachstumsdynamik lässt nach", konstatierte Ökonom Ulrich Wortberg von der Helaba. Auch der private Konsum habe mit einem Plus von 2,5 Prozent etwas enttäuscht. Dirk Chlench von der Landesbank Baden-Württemberg sieht in den frischen BIP-Zahlen jedoch keine Vorlage für Konjunkturpessimismus: "Im Gegenteil", so die Einschätzung des Experten, der bis auf weiteres keine Rezession auf die US-Wirtschaft zukommen sieht. Er verweist auf die private Inlandsnachfrage ohne Lager ? eine Art Kern-Bruttoinlandsprodukt. Dieses legte mit einer Jahresrate von 3,1 Prozent zu, nach 3,3 Prozent im Schlussquartal 2023: "Die Stärke der US-Wirtschaft überrascht somit einmal mehr", sagte Chlench.

Dazu passt, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) gerade erst seine Wachstumsprognose für die weltgrößte Volkswirtschaft angehoben hat. Für das laufende Jahr rechnet er jetzt mit einem Plus von 2,7 Prozent. Im Januar war lediglich mit 2,1 Prozent gerechnet worden. Für das kommende Jahr wurde die Prognose von 1,7 auf 1,9 Prozent heraufgesetzt.

"STRAFFES REGIMENT" DER FED

Die Zentralbank Federal Reserve, deren nächster Zinsentscheid am 1. Mai ansteht, hält den geldpolitischen Schlüsselsatz aktuell in der Spanne von 5,25 Prozent bis 5,50 Prozent. Sie versucht mit einer straffen geldpolitischen Linie den starken Preisauftrieb abzumildern. Die Abschwächung des BIP spielt den Währungshütern dabei eigentlich in die Hände. Doch angesichts der hartnäckigen Inflation rechnen die Finanzmärkte erst für September mit einer Zinssenkung.

Nach Ansicht von Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank zeigt die US-Wirtschaft weiterhin eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber dem "straffen Regiment" der Geldpolitik: Bisher habe vor allem der private Konsum die Wachstumsfahne hochgehalten: "Doch die Zeiten üppiger Realeinkommenszuwächse dürfte vorbei sein und die Spardosen sind weitgehend geplündert. Die Privathaushalte werden deshalb kürzere Spendierhosen anziehen." Für das Sommerhalbjahr sei ein langsameres Wachstumstempo angelegt.

(Bericht Büro Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Rene Wagner, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)